Ausstellung

Ausstellung im Schifffahrtsmuseum : Ernst Nicol: Retter der Seeleute

Ernst Nicol mit Frau Leni vor einem modernen Nachfolger seiner Erfindung

Ernst Nicol mit Frau Leni vor einem modernen Nachfolger seiner Erfindung

Das Schifffahrtsmuseum eröffnet eine Ausstellung über den Erfinder des unsinkbaren geschlossenen Rettungsbootes.

Flensburg |

Es geschieht nicht häufig, dass ein kleines Museum „Weltschifffahrtsgeschichte“ präsentieren kann. Aber genau das ist es, was ab Sonntag, 8. November, an der Schiffbrücke zu sehen sein wird. „Unsinkbar“ ist die Geschichte von Ernst Nicol und seiner Erfindung: das unsinkbare, geschlossene Rettungsboot – verpflichtender Standard für jedes Seeschiff weltweit.

Thomas Overdick, Leiter des Flensburger Schifffahrtsmuseums, stellte gestern gemeinsam mit Ernst Nicol, Konstrukteur des nach ihm benannten Nicol-Rettungsbootes und seiner Frau Leni die Ausstellung vor, die bis zum 29. Mai nächsten Jahres zu sehen sein wird.

„Unsinkbar“ ist eine regionale Geschichte von weltweiter Bedeutung. Denn Nicol wurde am 12. Dezember 1923 in Flensburg geboren, lernte sein Handwerk bei der Flensburger Schiffbau Gesellschaft und war nach dem Krieg bis zum Ruhestand ab 1987 auf der Husumer Schiffswerft der Gebrüder Kröger als Projektingenieur und Konstrukteur tätig. An seinem Zeichentisch entstanden Containerschiffe, Krabbenkutter, Schlepper, Bohrinselversorger, Behördenschiffe, Yachten und Fahrgastschiffe. Nicol zeichnete die Schiffe der Flensburger Förde Reederei, die für ihre schönen Linien bekannt waren – wie schön, lässt sich noch heute im Innenhafen nachvollziehen: Die klassische – heute würde man sagen „Megayacht – „Sanssouci Star“ des dänischen Reeders Erik Hays Thogersen, wurde 1982 auf der Husumer Werft von Nicol gezeichnet und ist Wintergast im Hafen.

Der Bau dieser Schiffe war für den Wahl-Ostenfelder der tägliche Broterwerb. Die Rettungsboote nahmen ganz nebenbei Gestalt an. Mit einer Konservenbüchse, 1954 im Husumer Hafen, ging es los. Nicol hatte sie zufällig durchs Fenster seines Werftbüros erspäht. „Die schwabbelte da im Hafen und ging und ging nicht unter.“ Es sollte nicht lange dauern, bis aus der unsinkbaren Konservendose der Plan für ein unsinkbares Rettungsboot geworden war. Der Schiffbauer holte sich von der Werft die Erlaubnis, das Projekt auf eigene Rechnung voranzutreiben und legte los.

Die Verletzlichkeit des Schiffbrüchigen hatte Nicol schon immer beschäftigt. Denn wer das sinkende Schiff verlassen hatte, war im offenen Rettungsboot noch lange nicht gerettet. Wellenschlag, Nässe, Kälte, Entkräftung konnten tödlich werden; unzählige Menschen, die es in die Boote geschafft hatten, blieben dennoch auf See. Nicol glaubte, mit seinem 1954 entstandenen Modell die perfekte Lösung gefunden zu haben, meldete Patente in zehn Ländern an, fand Werften für den Lizenzbau des Bootes, doch er hatte die Behörden-Apparate unterschätzt. Internationaler Standard blieb trotz aller Vorzüge des Nicol-Entwurfs das offene Rettungsboot. Für Overdick auch das Werk mächtiger Reederverbände, die das teurere Nicol-Boot aus Kostengründen ablehnten.

Nicht ohne Grund ist die alte Schreibmaschine des Ehepaares Teil der Ausstellung. Auf ihr führte Leni Nicol den langen Kampf ihres Mannes im Schriftwechsel mit nationalen und internationalen Behörden um die Anerkennung seiner Erfindung. Immerhin: 1957 wurden auf deutschen Schiffen die ersten Nicol-Boote installiert, ab 1960 international erlaubt. Aber es sollten noch zwei weitere Jahrzehnte vergehen, ehe 1983 das geschlossene Rettungsboot als internationaler Standard vorgeschrieben wurde.

Reich? Der 92-Jährige muss lachen. Nein, reich ist er mit seiner Idee nicht geworden. „Es hat einfach zu lange gedauert“, sagt er. „Am Ende wurden die Gebühren für die Patentrechte zu hoch. Ich habe sie nach 18 Jahren auslaufen lassen.“ Vor zwei Jahren verlieh Bundespräsident Gauck dem schleswig-holsteinischen Pionier für seine Verdienste um die Sicherheit auf See das Bundesverdienstkreuz. Das ist Nicol geblieben. Das Kreuz und der Stolz der guten Tat. „Ich bin schon ein bisschen stolz. Das ist schön für die Menschen an Bord. Das freut mich auch.“

Quelle: SHZ vom 07.11.2015